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Teil 3 "Die Inspiration" - Über das Autorendasein an sich und unter besonderer Berücksichtigung krimineller Fischländer Elemente

Im vorangegangenen zweiten Teil war Thema, was so beim Schreiben von "Fischland-Mord" passierte und wie anders der Krimi schließlich wurde als das, was ich im Exposé geplant hatte. Hier erzähle ich - als letzten Teil -, was mich zu den einzelnen Romanen inspiriert hat.

 

Ostsee Fischland Krimi Corinna Kastner Wustrow Darß Zingst Mecklenburg-Vorpommern Stralsund Barnstorf

In "Fischland-Mord" geht es um Kunst - ein toter Kunstgutachter, im Kreis der Verdächtigen ein Maler und eine Bildhauerin und ein untreuer Galeriebesitzer - wenn der auch aus Stralsund kommt.

An der Kunst als Thema kommt man ja praktisch nicht vorbei auf der Halbinsel, von daher war es nicht schwer, sich davon inspirieren zu lassen. Obwohl ich gestehen muss, dass ich nicht gerade zu den Kunstkennerinnen dieser Welt gehöre, liebe ich Besuche in der Barnstorfer Kunstscheune, wo Kassandra, Paul und Jonas dann auch auf ihre beiden Hauptverdächtigen stoßen. Arnold Kesting kombiniert übrigens auf geniale Weise die Malerei mit der Fotografie. Vielleicht, ganz vielleicht geht ja Kassandras Leidenschaft fürs Fotografieren sogar ein bisschen darauf zurück, wie beeindruckt sie von seinen Werken war.

 

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Der zweite Band, "Fischland-Rache", war hauptsächlich Paul gewidmet - es geht um seine Vergangenheit und seine Familie. Aber es geht auch darum, dass das Fischland nicht im Westen, sondern im Osten Deutschlands liegt. Ich habe nach dem ersten Band die Kritik einstecken müssen, dass meine Figuren nicht fischländisch und auch nicht genügend "ostdeutsch" seien - was eine logische Konsequenz dessen ist, dass ich es nicht bin. Ich kann es auch nicht werden - weder das eine noch das andere. Ich habe nicht auf dem Fischland gelebt, ich habe hier nichts erlebt und die Zeit nicht erfühlt. Das war mir umso bewusster, als ich "Fischland-Rache" schrieb. Ich habe es trotzdem getan. Und durchaus unterschiedliche Reaktionen erhalten - die einen fanden einiges falsch bzw. übertrieben, die anderen fanden es ziemlich realistisch. Es beruhigte mich, dass erstens beide Urteile von Lesern aus dem Osten stammten und zweitens letztlich die Rekationen waren, die man, egal, was man schreibt, immer wieder hört. Die einen mögen es, den anderen nicht. Nur berührt es, soweit es meinen eigenen Erfahrungsschatz angeht, selten so sensible Themen.

Was mich schließlich noch inspirierte, waren die Bunker, die vor dem Hohen Ufer in der See liegen - speziell dieser, der damals noch von diesem Graffito geziert wurde (meiner Meinung nach übrigens das gelungenste in all den Jahren). Hier jedenfalls wird die Mordwaffe gefunden ...

 

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Mit "Fischland-Feuer" habe ich mich dann wieder in sichereres Fahrwasser begeben und etwas aufgegriffen, das mich schon seit längerer Zeit beschäftigt hat. Bei unserem allerersten Fischland-Aufenhalt im Jahr 2005 hatte ich das Gebäude nur so im Vorbeifahren bemerkt und mich gefragt: Was ist das denn da für eine Ruine? Als ich jedoch anfing, mich näher mit Wustrow zu befassen, begriff ich, wie wichtig die Seefahrtschule für den Ort schon seit über 150 Jahren war. Das Schicksal der Schule ist von großer persönlicher Bedeutung für Paul, was ebenso wie Kassandras Verwicklung darin schon in Band 1 zur Sprache kam. Im "Fischland-Feuer" gehe ich noch einen Schritt weiter, indem ich zwei Verdächtige um das Bauprojekt konkurrieren lasse - einer davon Kassandras Vater. Dessen wirklich ziemlich gutem Bauplan dann leider doch nicht zugestimmt wird. Natürlich nur, damit die Seefahrtschule heute (im Jahr 2018) umgebaut werden kann zu ... Ferienwohnungen. Dennoch wird das Gebäude im Herzen der Wustrower wohl immer die Seefahrtschule bleiben - und ich durfte dankenswerterweise sogar unter der Führung von Kurdirektor Dirk Pasche einen Rundgang durch das Innere machen.

Ebenfalls gestreift habe ich in "Fischland-Feuer" die  Problematik um die Nebelstation bzw. das neue Leuchtfeuer. Was Letzteres betrifft, ist mir die eine Gemeindevertretersitzung aus dem Jahr 2011 noch sehr lebendig in Erinnerung, in der es ebenso … lebendig zuging. Kassandra jedenfalls ist dabei, als der weithin sichtbare rot-weiße Leuchtmast an der Seebrücke befestigt wird.

 

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Kein histotrisches Bauwerk, sondern eine historische Persönlichkeit hat mich zu Band 4, "Fischland-Verrat", inspiriert: Albert Kriemann, der Schiffsschnitzer vom Fischland, und seine Werke. Sein Schicksal war ein tragisches, wenn auch vom künstlerischen Standpunkt her die Welt davon profitiert hat. Seine Modelle müssen wahre Kunstwerke gewesen sein, und ich finde es sehr schade, dass keines davon mehr in Wustrow zu sehen ist.

Die andere historische Persönlichkeit, deren Hinterlassenschaft im Roman eine Rolle spielt, ist sicher weltbekannter, aber von mehr als zweifelhaftem Ruhm: Hermann Göring. Wahrscheinlich hätte sich Albert Kriemann nie träumen lassen, mal in Zusammenhang mit dem Reichsmarschall gebracht zu werden – und ich bitte hier offiziell um Verzeihung. Es möge Albert Kriemann besänftigen, dass ich sowohl sein Schiffsmodell als auch das, was darin steckt, nur erfunden habe.

 

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Einer anderen Form von Kunst als der, Schiffsmodelle zu erschaffen, nämlich der Malerei, habe ich mich danach wieder angenommen. Dafür gönnte ich Paul, Kassandra und Kay Dietrich einen wohlverdienten Urlaub und schickte stattdessen eine neue Protagonistin nach Barnstorf, um dort die Biografie des Fischländer Malers Carl Röwer zu schreiben. Greta Sievers wurde mit dem Roman "Bodden-Tod" zu einem neuen Mitglied meiner Fischländer Familie - und ich selbst gönnte mir damit einen Ausflug in die Welt der Liebe und Leidenschaft. Was natürlich bedeutet, dass nicht nur Greta zu einem neuen Familienmitglied wurde, sondern der Mann ihres Begehrens ebenso: Matthias Röwer - Galerist und ehemals Maler, bevor er nahezu erblindete.

 

Abgesehen von der Handlung fand ich es bei "Bodden-Tod" eine spannende Erfahrung, die aus den vorherigen Bänden bekannten Figuren aus einer anderen Perspektive, aus Gretas Sicht nämlich, zu schildern. Greta hat natürlich keine Ahnung, wer diese Leute sind, aber sie darf - bevor er in Urlaub abdüst - auf Paul treffen. So wie ihn lasse ich auch einige andere "durchs Bild laufen". Eine Nebenfigur aus dem "Fischland-Mord", nämlich die Galeristin der Kunstscheune Gerlinde Meerbusch, spielt hier eine etwas größere Nebenrolle, und Heinz, der sich in Kassandras Abwesenheit um ihre Pension kümmert, bekommt auch etwas mehr zu tun. Was wiederum Folgen für Paul, Kassandra und Kay Dietrich haben wird – denn jeder Urlaub ist ja mal zu Ende …

 

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Meine Fischländer Welt ist natürlich bei aller Ähnlichkeit eine andere als die reale Welt da draußen. Nicht besser, nicht schlechter, nur eben … anders. Erfreulicherweise höre ich aber oft von Lesern, dass meine Figuren so echt sind, dass man das Gefühl habe, man könne ihnen auf der Straße begegnen und einen Kaffee mit ihnen trinken gehen. Das ist für mich ein sehr schönes Lob, genauso wie wenn ich höre, dass meine Romane Leser dazu bringen, nicht nur anhand der Bücher Wustrow zu erwandern, sondern überhaupt erst mal hinzufahren.

Stolz auf etwas zu sein, ist mir normalerweise fremd. Aber dass meine Figuren und meine Geschichten - ich nenne hier die Figuren absichtlich und sehr bewusst an erster Stelle - Menschen dazu bringen, aufs Fischland zu kommen - darauf bin ich dann schon ein klitzekleines bisschen stolz.

 

 

Eine Kleinigkeit noch am Schluss dieses Dreiteilers:

Vielleicht erinnert Ihr Euch, dass ich im ersten Teil das bedeutungsvolle Jahr 2005 angesprochen habe. Das erste Mal Fischland. Was ich nicht erwähnte, war, dass wir damals ursprünglich noch bis nach Usedom wollten.

Tja. Wir sind bis heute nicht da gewesen.

Weil wir auf dem Fischland hängen geblieben sind.

Mit unseren Herzen.